Ballon d´or 2013 - Die wahre Geschichte



1. September 2013. Gebesee stürmt in Bischleben. Gebesee. Eine totgesagte Mannschaft. Mit einer Mischung aus Rugby, Fußball und Sadomaso vergewaltigen sie einen Favoriten der Liga. Büchner grätscht sich in die Herzen der Fans. Preuße agiert als letzter Mann souveräner als Josef Stalin in seiner 26-jährigen Regierungszeit. Plötzlich springt der Ball schicksalhaft zu Michel Wolfersdorf. MW19. Es läuft die 26. Spielminute. Die Minute, in der ein Mensch zu einer Ikone wurde. Mit der rechten Sohle streichelt er den Ball am ersten Gegner vorbei. Die zweite Ballberührung. Ein Moment der Stille. Gefühlte 85 Meter Torentfernung. Naturgesetze verschieben sich. Ein Schuss. Ein Strich. Tooor. 2:0 für Gebesee. ( Kurze Zeit später ließ sich Wolfersdorf aufgrund eines entzündeten Leberflecks am rechten Mittelfinger auswechseln. Gebesee verliert das Spiel noch 2:4. Setzt jedoch eines von vielen Zeichen in der Saison: Die Mannschaft lebt )


Wir spuhlen ein paar Monate vor. Weltfußballerwahl. Die Fußballexperten rätseln. Messi, Ronaldo oder Ribery? Josef Blatter, der Präsident des Weltfußballverbandes, holt ein kleines Stück Papier aus einem großen Umschlag. Nervenkitzel. Er dreht den Zettel herum. Die vielen Menschen vor Ort und die Millionen vor den Fernsehern lesen sich den Namen durch. Offene Münder. Beckenbauer kriegt einen Herzinfarkt. Was ist los? Wer ist das? Aus der hinteren Reihe springt ein braungebrannter Mann mittleren Alters in die Luft. Legt sich die Augenbrauen zurecht und läuft in Richtung Rednerpult. Es ist Michel Wolfersdorf. Weltfußballer 2013. Blatter überreicht den Gebeseer vor der verstummten
Menschenmasse die Trophäe. Pelé floskelt anschließend wild um sich. Haut in einer Minute mehr Phrasen heraus, als Kalle Krämer nach 6 Bier bei einem Heimspiel von SV Eppendorf 09. Wolfersdorf murmelt währenddessen ein paar dankende Sätze mit ostdeutschen Akzent in Mikro. Erzählt dann von seiner Zeit als Straßenfußballer und Gogo-Tänzer in Erfurt-Nord. Zur gleichen Zeit bricht Ronaldo in Tränen aus, Ribery schaut narbig durch die Gegend und Messi tippt "Wolfersdorf" bei Google ein.

Es ist die Frage, die sich jeder Fußballer im Zeitalter von Lady Gaga und Co. mindestens schon einmal gestellt hat: Was macht mich zu einem guten Fußballer? Was macht mich zum Besten? Die Antwort darauf findet man nicht mehr auf dem Platz oder in der Kabine. Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten. Doch so leicht ist das heute nicht mehr. 2014 zählen andere Werte. Coole Einträge via Facebook und Twitter, 900.000 Gefällt-mir-Klicks, Unterwäsche-Verträge, stylische Frisuren und hippe Kleidung. Auf dem Rasen müssen sich nur noch die Wenigsten beweisen. In einer Zeit, zu der sich 85% eine Meinung über Fußball aus der Bild-Zeitung kopieren, muss man sich vor allem ins Rampenlicht der Medien rücken und Glück haben, ein Teil der riesigen Vermarktungs-Maschinerie zu werden.

Dinge, die auch Michel weiß. Aus diesem Grund schießt er einmal im Jahr ein weltklasse Tor, was sich sehen lässt und verbringt die restliche Zeit auf Laufstegen, Aftershow-Partys und Sendungen wie "Wetten,dass...". Natürlich wunderten sich viele über diese Entscheidung. Aber. Der Weltfußballer wurde gewählt. Michel Wolfersdorf. Ein gemachter Mann.